Erfahrungsbericht Bart-/Pinsel-/Fadenalgen im Aquarium

Sebidimayo

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Hallo zusammen,

mein Name ist Sebastian und die Aquaristik zählt seit gut drei Jahren zu meinen Hobbies. Schon seit längerer Zeit bin ich passiver Leser dieses Forums, wobei ich insbesondere Informationen bezüglich der Bekämpfung von Algen im Aquarium gesucht habe. Jetzt habe mir jetzt ein Konto angelegt, um einen Erfahrungsbericht über Algen im Aquarium zu schreiben. Vielleicht erkennt sich ja der Eine oder Andere wieder und findet eventuell nützliche Informationen.

Hintergrund

Schon als Kind war ich von Unterwasserwelten fasziniert und schaute regelmäßig in unserer lokalen Zoohandlung vorbei, um die dortigen Ausstellungsbecken zu bestaunen. Ein Aquarium durfte ich mir jedoch nicht zulegen. Deutlich später, im Jahre 2013, stolperte ich im Internet über ein Aquascaping-Video. Die Ästhetik der Unterwasserlandschaften zog mich sofort in ihren Bann und ich entschloss mich kurzerhand, ein 60L-Komplettset zu erwerben, um eine solche Landschaft nachzubauen. Das Ergebnis war zwar mangels Fachkenntnis und Erfahrung sicherlich kein tolles Aquascape, jedoch lief das Becken relativ stabil über gut ein Jahr. Anschließend "erbte" ich von einer Arbeitskollegin ein 180L-Becken. Im neuen Becken sollte alles anders werden, schließlich hatte ich ja jetzt schon einen "reichen Erfahrungsschatz" ;-) So kaufte ich also eine riesige Moorkienholzwurzel und viele Aufsitzerpflanzen, um meinem "Unterwasserbaum" Form zu verleihen. Unerfreulicherweise entpuppten sich die vermeintlichen Wurzeln des Bolbitis als Bartalgen, die ich nicht sofort als solche zu identifizieren vermochte. Wenig später erschienen Pinsel und auch grüne Fadenalgen. Was darauf folgte war eine eineinhalb Jahre dauernder Suche nach Bedingungen, unter denen meine Pflanzen gut wachsen, die Algen jedoch nicht.

Vorsorge ist besser als Nachsorge

Im Nachhinein betrachtet haben folgende Fehler bei der Einrichtung des Aquariums wohl die Ausbreitung der Algen begünstigt:

- Zu wenig schnellwüchsige Pflanzen: Man stößt auf diversen Webseiten und in Büchern immer wieder auf den Hinweis, dass Algen bei einem Nährstoffungleichgewicht auftreten. Mein größter Fehler war sicherlich, bei der Einrichtung des Aquariums nur wenig schnellwüchsige Pflanzen verwendet zu haben, so dass sich ein Nährstoffüberschuss im Wasser einstellen konnte. Ich kann an dieser Stelle zum Beispiel auf die Webseite aquamax.de verweisen, auf der die Problematik sehr gut dargelegt ist.
- Verschmutzter Filter und Bodengrund: Als ich das Aquarium übernahm, ähnelte es einer Unterwassersteppe mit einigen vor sich hinvegetierenden Schwertpflanzen. Der Bodengrund war sehr verschmutzt und der Filter war seit gut einem Jahr nicht mehr gereinigt worden. Aus logistischen Gründen (Faulheit ;-)) habe ich das Becken nicht komplett ausgeräumt und gereinigt, sondern lediglich die Schwertpflanzen entfernt, den Bodengrund oberflächlich abgesaugt und den Filter erst nach einiger Zeit neu aufgesetzt.
- Kalkhaltiger Bodengrund: Ich habe den vorhandenen Bodengrund mit kalkhaltigem Kies vermischt, da mir die Farbe nicht zusagte. Calciumcarbonat ist zwar nur bedingt in Wasser löslich, führt aber dennoch zu einer Erhöhung der Wasserhärte und des pH-Wertes, da CO3(2-) mit Wasser zu HCO3(-) und OH(-) reagiert. Ich gebe zu: Ich habe den tatsächlichen Effekt nicht gemessen, jedoch ist der pH-Wert des hiesigen Leitungswassers mit knapp unter 8 bereits hart an der Grenze was optimale Voraussetzungen für Pflanzenwachstum angeht. Eine weitere Erhöhung des pH-Wertes ist daher nicht wünschenswert.

Die punktuelle Behandlung mit Wasserstoffperoxid und das Auskochen von Hardscape hilft symptomatisch, beseitigt jedoch nicht die Ursache des Algenwachstums

Wasserstoffperoxid ist ein Oxidationsmittel, welches sehr reaktionsfreudig ist und dabei organische Verbindungen und Freisetzung von Sauerstoff oxidiert. Wässrige Wasserstoffperoxidlösungen sind im Handel erhältlich und können zur punktuellen Behandlung von Algen im Aquarium verwendet werden. Da sie eine höhere Dichte aufweisen als Wasser, sinken sie im Aquarium ab und wirken so lokal. Aus diesem Grund muss die Filterpumpe bei der Behandlung mit Wasserstoffperoxid ausgeschaltet werden. Hier sind zwei Anleitungen/Erfahrungsberichte:

http://www.flowgrow.de/algen/algenbekampfung-mit-h202-wasserstoffperoxid-t23463.html
http://www.drta-archiv.de/wiki/pmwiki.php/AlgenGegenmasznahmen/Wasserstoffperoxid

Mit dieser Methode habe ich Algen gut beseitigen können. Es sollte jedoch erwähnt werden, dass mir die Behandlung mit Wasserstoffperoxid für auf Pflanzen wachsende Algen ungeeignet erscheint. Der Stoff ist bei der Auswahl seines Reaktionspartners nicht wählerisch und greift die besagten Pflanzen ebenfalls an. Es ist demnach nicht verwunderlich, dass Wasserstoffperoxid in der Wissenschaft dazu verwendet wird, der programmierten Tod von Zellen herbeizuführen. Negative Auswirkungen auf die Fauna des Aquariums habe ich auf der anderen Seite nicht beobachten können, jedoch sollte man sicherlich Fische nicht mit Wasserstoffperoxid einnebeln.

Wer es scheut, Chemikalien in sein Aquarium zu leeren und Dekorationsgegenstände komplett von Algen befreien möchte, kann diese auch auskochen. Auch diese Methode tötet Algen effektiv ab. Die schlechte Nachricht ist allerdings: Ohne die Wachstumsbedingungen für Pflanzen und Algen zu verändern, werden sich Letztere nach einiger Zeit (leider) wieder im Aquarium ansiedeln. Aus diesem Grund sehe ich diese symptomatischen Maßnahmen eher als unterstützend an. Möchte man das Vorkommen von Algen im Aquarium reduzieren, muss man das Problem an der Wurzel anpacken.

Das Emissionsspektrum von Leuchtstoffröhren und das Absorptionsspektrum von Chlorophyll

Filtermaterial und Strömung

Wie ich die Algen (zum großen Teil) loswurde

...Fortsetzung folgt :)
 

Sebidimayo

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Blaue Lichtanteile fördern Algenwachstum (nicht)

Sowohl Algen als auch Pflanzen benötigen Licht zur Photosynthese, in der die Energie des Lichts in chemische Energie umgewandelt wird, welche wiederum zur Synthese von komplexer organischer Verbindungen verwendet wird. In der Photosynthese nehmen Chlorophylle eine zentrale Stellung ein, da sie für die Absorption des Lichts verantwortlich sind.

Es gibt verschiedene Chlorophyll-Typen (a, b, c und d), die sich hinsichtlich ihrer Absorptionseigenschaften unterscheiden und in verschiedenen Organismen vorkommen. So kommt Chlorophyll a sowohl in Pflanzen und allen Algentypen vor, Chlorophyll b hingegen nur in Pflanzen und Grünalgen.

http://www.spektrum.de/lexikon/biologie-kompakt/chlorophyll/2350

Da Chlorophyll a stärker im Blauen absorbiert, können Blau- und Rotalgen blaulastiges Licht effizienter verwerten als Pflanzen. Im Gegensatz dazu verwenden Grünalgen ebenfalls ein Gemisch aus Chlorophyll a und b. Eine Veränderung der Lichtfarbe wird deswegen Pflanzen und Grünalgen gleichermassen betreffen. Ich habe deswegen meine blaulastigen Marine-Glo-Röhren durch gelbere Sun-Glo-Röhren ersetzt und das (Rot-)Algenwachstum damit mit mässigem Erfolg eingedämmt. Zu dem Thema blau Lichtanteile noch ein guter Link:

http://www.aquaristik-hilfe.de/faq04.htm
 

Sebidimayo

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Filtermaterial und Strömung

Oft wachsen Rotalgen in Bereichen des Aquariums, in denen starke Strömung herrscht. Aus diesem Grund liest man in Foren oft, dass man zur Rotalgenbekämpfung die Leistung des Filters drosseln soll. Der Austausch des Filtermaterial soll laut einigen Erfahrungsberichten ebenfalls helfen.

http://www.nimmervoll.org/aquarium/algen/algen.html

Ich habe mein Filtermaterial durch Sera Siporax ersetzt und die Strömung auf bis zu 100 l/h gedrosselt und damit keine Verbesserung erzielt. Vielmehr hatte ich den Eindruck, dass sich gar nichts getan hat. Meiner Meinung nach gibt es keinen direkten Zusammenhang zwischen starker Strömung und Rotalgenwachstum, da die wahre Ursache des Algenwachstums ja ein Nährstoffungleichgewicht ist. Ich könnte mir allerdings vorstellen, dass es einen indirekten gibt: Im Filter werden Stickstoffverbindungen abgebaut und zu Nitrat oxidiert, die in Bereichen mit starker Strömung dann eine erhöhte (lokale) Konzentration aufweisen könnten. Hinsichtlich der Frage, ob nun hohe oder niedrige Nitratkonzentrationen Rotalgenwachstum begünstigen, gehen die Meinungen leider auseinander.

http://www.wetwebmedia.com/ca/volume_6/volume_6_3/fwalgae.html
http://www.flowgrow.de/algen/algenratgeber-t14.html

Hier ein Link zu Überfilterung:

http://www.aquaristik-hilfe.de/frames.htm
 

Sebidimayo

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Erfolgreiche Massnahmen

Letzten Endes hat eine Kombination aus mehreren Massnahmen dazu geführt, dass die Algen seit einigen Monaten auf dem Rückzug und kaum mehr auszumachen sind.

Erhöhung des CO2-Gehalts: Anfänglich noch mit einer Bio-CO2-Anlage, mittlerweile mit einer Druckflasche, deren Ventil mit der Zeitschaltuhr der Beleuchtung gekoppelt ist. Ich hatte bei der Bio-CO2-Anlage grösse Mühe, die CO2-Konzentration im Wasser konstant zu halten.
Verringerung der Beleuchtungsdauer: Anfänglich 10 h/Tag, dann 9 h/Tag, mittlerweile 7,5 h/Tag. Bei manchen Pflanzen sieht man sogar, dass sie nach langer Beleuchtung die Blätter hochklappen und eine "Photosynthesepause" einlegen.
Verringerung des zugegebenen Düngervolumens: Ich habe das zugegebene Eisendüngervolumen langsam gesenkt, bis ich bei meinen Pflanzen Mangelerscheinungen beobachten konnte. Danach bin ich mit dem Volumen wieder etwas hoch gegangen. Konkret bedeutet das, dass ich von 3,5 ml Ferrdrakon/Tag/180l auf 2,5 ml/Tag/180l gegangen bin.
Entfernen stark befallener Pflanzen: Irgendwann war klar, dass sich manche Pflanzen nicht mehr erholen würden. Auch meine riesige Moorkienwurzel musste weichen, da sie zu gross zum Auskochen war :-(
Einbringen schnellwüchsiger Pflanzen: Und zwar Hornkraut, Froschbiss, indischer Wasserwedel, Tigerlotus und Kleefarn; selbst das Moos (weeping moss) wächst wirklich schnell.
Pflanzenbestand nicht komplett zurückschneiden: Sondern vielmehr populationsweise, d.h. in einer Woche das Hornkraut, in der darauf folgenden Woche der Wasserwedel, etc. So wird vermieden, dass sich der komplette Pflanzenbestand angeschlagen ist und sich gleichzeitig erholen muss.
Geduld: :)

Vielen Dank für's Lesen!

:tnx:
 

Biotoecus

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Moin,
au weia..... das ist aber wirklich mal wieder harter Tobak.
Gruß Martin
 

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