Mikrobiologie im Aquarium

nik

Moderator
Teammitglied
Hallo zusammen,

irgendwie gibt es da manchmal Begegebenheiten, die ich gar nicht einordnen kann und mir zeigen wieviel auch grundsätzliche Fragen zum Thema Mikrobiologie und deren Einfluss auf die Nährstoffsituation noch offen sind.

Derzeitiger Gegenstand meines Interesses ist das 60x35x35 mit 2x24 Watt, einem leeren Eheim 2211 Classic als Pumpe, externer CO2 Zugabe, internem Heizstab, feinem, ca. 3cm hohem Quarzsand, Düngung mittels angepasstem EI. Vergessen habe ich den UV-C, der immer noch alle 2 Tage eine Stunde läuft und der ebenfalls dran ist wieder abgeschaltet zu werden. Alles nix besonderes, das einzige was ich normalerweise ändern würde, wäre die zu geringe Strömung des 2211 Classic wegen des eingeschleiften UV-C Klärers..

Trotzdem verhält sich das Aquarium anders als ich es mit solch einem Setup schon einige Male erlebt habe. Es hatte eine Tendenz zur Kahmhaut, es ist das einzige in dem seit 10 Jahren nicht mehr gesehene Bartalgen auftauchten, es hat auch eine Neigung zu geringem Grünalgenbewuchs, der Scheiben inzwischen nicht mehr, aber der Regenbogensteine, grüne Punktalgen waren auch mal Thema, alles Zeugs mit dem ich mich in dieser Dichte mit keinem anderen Becken auseinandersetzen musste. Der Pflanzenwuchs ist nicht optimal und Ursache ständiger Zweifel.
Drin sitzen auch ein paar Kapriziosen, wie Nessea spec und Cabomba furcata, die erste wächst einfach nur besch...en, die zweite kümmerlich mit viel zu vielen Wasserwurzeln und langen Internodien. Ansonsten M. fluviatilis, wuchernd, aber manchmal waagrecht weiterwachsend und auch zu vielen Wasserwurzeln. Das gleiche gilt für Pogstemon spec. Die eine Blyxa novoguineensis wächst auch nicht wirklich gut, blüht ständig, schiebt aber von Zeit zu Zeit ein Blatt mit verdrehter Spitze. Alles Hinweise auf irgendwelche Nährstoffdefizite. Ich habe ja noch ein 2l-Gebinde Profito, dünge schon lange mit dem und auch problemfrei, in der Tendenz vielleicht ein wenig reichlicher, aber in dem Becken sah ich mich veranlasst den durch Ferro zu ergänzen, was auch durchaus Besserung mancher Symptome ergab. Außerdem sitzt darin ein inzwischen ziemlich dominanter, diverse Blütenstängel schiebender U. graminifolia Rasen. Erstaunlicherweise die einzige Pflanze bei der ich keine Mängel entdecken kann. Eigentlich ist der mit bis zu 7cm Höhe überfällig zum Neusetzen, aber ich will mir erst noch die Blüten ansehen. Besatz sind 8 Pseudomugil furcatus und die uralten Amanogarnelen aus meinem abgebauten Paludarium.

Also, habe ich mir gedacht, an der Düngung gibt es nix mehr zu drehen, die zu geringe Strömung kann nicht solche Folgen haben, dann wird jetzt das Filtersubstrat weiter reduziert. Da nur ein feineres Eheim Innenfilterschwämmchen auf der Ansaugseite sitzt, sollte das weg. Das dann offene Ansaugrohr habe ich mit einem kleinen Stück groben Filterschwammes, keine 2 x 2cm, als Ansaugschutz versehen. Um die Mikrobiologie des Beckens nicht mehr als nötig aus der Bahn zu werfen, drücke ich bei solchen Gelegenheiten den zu entfernenden Schwamm im Becken aus, um sozusagen die Mikroflora nicht zu reduzieren sondern zu "verlagern". Wie das bei einem mehrere Monate laufenden Filterschwamm aussieht, kann sich jeder vorstellen. Macht aber nix, also drücke ich den Schwamm im Becken aus und - es passiert nichts! Selbst mit intensivem Kneten ließ sich nur eine so geringe Trübung erzeugen, dass sie nur bei Beckenlängsdurchsicht aufgefallen ist.
Alles mögliche hätte ich erwartet, das aber nicht! Na ja, mal sehen, wie sich das Becken jetzt ohne Filtersubstrat entwickelt und welche Überraschungen das neue Jahr so bringt.

Gruß, Nik
 

Tim Smdhf

Active Member
Hey Nik,

meiner Meinung nach sind deine "Versuche" sehr mutig!

ich hoffe, dass du damit Erfolg haben wirst, weil ich im Moment auch fast am Verzweifeln bin aufgrund von Kahmhaut und Fadenalgen!

Geringfilterung habe ich bisher noch nicht ausprobiert, aber vielleicht bringt mich dieser Thread ja dazu, es im neuen Jahr mal auszuprobieren...

Vilen Dank schon mal für deine Mühen und dafür, dass du uns daran teil haben lässt!
 

nik

Moderator
Teammitglied
Hi Tim,
JapanBlue":ydw6fh03 schrieb:
Hey Nik,

meiner Meinung nach sind deine "Versuche" sehr mutig!
danke, aber der Mut hält sich in Grenzen. In der Art mache ich das ja schon lange, d.h. ca. 10 Jahre, und mutig war das nur beim ersten Mal, als ich mein erstes absolut mängelfrei laufendes, gefiltertes Becken mit "filterlos" auf's Spiel setzte. Ich habe da inzwischen schon einen recht engen Erwartungskorridor. Dieses Mal hat es mich eben mal richtig überrascht. Mir ist schon länger klar, dass ein gut laufendes Becken sich nicht an seiner Filterung festmachen lässt, aber ich bin schon davon überzeugt, dass es mit angemessener, d.h. meist geringeren Filtersubstratmengen einfacher ist. Mich interessiert, in welcher Weise und wie weit sich Einfluss auf die Mikroflora nehmen lässt. Das ergibt eine andere Sicht und Filtersubstrat ist eine solche Möglichkeit.
Ich könnte auch einfach tüchtig Mulm aus einem gut laufenden Becken reinkippen und gut is. Mich interessiert's halt und ich lass' es laufen.

Vielleicht kann ich dir den Gedanken näher bringen ...
ich hoffe, dass du damit Erfolg haben wirst, weil ich im Moment auch fast am Verzweifeln bin aufgrund von Kahmhaut und Fadenalgen!
... denn die Kahmhaut halte ich hierfür für gut geeignet. Das ist eine bakterielle Geschichte und egal welche Arten das sind, sie haben eine Umgebung, eine Nährstoffsituation gefunden, die ihnen zusagt. Entfernt man die Kahmhaut konsequent, bzw. hält sie kurz, dann wird das was die Kahmhaut ernährte in Überschuss geraten und es werden andere Mikroorganismen die entstandene Nische besetzen und der Kahmhaut die Grundlage nehmen. Die Mikroflora ist wohl erheblich diversifizierter, als es gemeinhin angenommen wird. In dem Becken bin ich die Kahmhaut so los geworden.
Fadenalgen haben ihre Ursache IMHO ganz sicher in einem Nährstoffmangel. Ich konnte bei einem anderen Becken wiederholt das Ansteigen einer Bakterienblüte bis hin zum grünen Wasser beobachten. Immer an dessen Höhepunkt tauchten Fadenalgen auf. Beseitigte ich die mit einem Fällungsmittel, dann blieben die im Becken und die in ihnen gebundenen Nährstoffe wurden über deren Mineralisierung wieder frei - und die Fadenalgen verschwanden, sogar ziemlich zeitnah. Es könnte durchaus sein, dass deine Kahmhaut und die Fadenalgen zusammenhängen.

Geringfilterung habe ich bisher noch nicht ausprobiert, aber vielleicht bringt mich dieser Thread ja dazu, es im neuen Jahr mal auszuprobieren...

Vilen Dank schon mal für deine Mühen und dafür, dass du uns daran teil haben lässt!
Es hilft mir selbst erheblich, es passt halt. :wink:

Gruß, Nik
 

Roger

Active Member
Hallo Nik,

dann gebe ich auch noch meinen Teil der gemachten Erfahrungen und Gedanken zum besten.

Nach dem ich in meinem Becken lange Zeit mit einer seltenen Algenart (eine Mischung aus Cyanos und Grünalgen) gekämpft habe, bin ich für mich zu der Überzeugung gelangt, das die bakterielle Zusammensetzung im Aquarium wesentlichen Einfluß auf Algen und das Wachstum der Pflanzen hat.

Beeinflußbar sind bestehende Biofilme allerdings kaum, da sie sich in Ihrer Zusammensetzung aus verschiedenen Bakterienstämmen nicht oder nur gering durch äußere Faktoren verändern lassen.
Düngung, egal ob fett oder mager hat keine Auswirkungen. Die Erhöhung von Filtermasse hat bei mir eher eine Verschlechterung der Lage bewirkt, da sich hier anscheinend noch mehr negativ wirkender Biofilm ansammeln konnte. Andererseits konnte der vollständige Verzicht auf Filtermasse auch keine wirklich Verbesserung herbeiführen.
Selbst das mehrmalige zugeben von Filterbakterien und Mulm in erheblichen Mengen aus einem problemfrei laufenden Becken zeigte keine Wirkung.
Einzig eine drastische Verringerung der Beleuchtungszeit und Stärke zeigte gewisse Verbesserungen, die jedoch nicht deutlich genug waren um nachhaltigen Erfolg vermuten zu lassen.

Nach meinen bisherigen Erfahrungen hilft nur die möglichst umfangreiche Entfernung "schlechter" Biofilme. Danach ist ein animpfen mit Filterbakterien oder Mulm der aus einem perfekt laufenden Becken stammen muß, in Verbindung mit anfänglich kurzen Beleuchtungszeiten, fast schon ein Garant für ein gut laufendes Becken mit sehr gutem Pflanzenwuchs ohne Algen.

Inzwischen gehe ich sogar so weit, das ich vermute, das die Mikrobiologie je nach dem wie sie zusammen gesetzt ist, sogar die mögliche bzw. notwendige Filterung eines Aquariums bestimmt.
Als Beispiel fallen mir besonders die Becken von Tutti auf, der seine Filter mit allem was geht bestückt und reproduzierbar neue Becken mit Mulm aus einem alten startet mit nahezu gleichen Ergebnissen. Ob die Geringfilterung bei ihm funktionieren würde weiß ich nicht, aber notwendig scheint sie nicht zu sein.
 

Tutti

Active Member
Hallo,

ich habe vor Nik und seiner Meinung und auch seinem Wissen größten Respekt,es hört sich bei ihm leider immer so an als wenn Geringfilterung der einzige mögliche Weg wäre,und das ist ja mal nicht der Fall!
Ich frage mich sogar warum man mehr Bakterien im Becken haben will anstatt im Filter ?
Wenn das Wasser schnell durch einen voll bestückten Filter läuft,ob dann überhaupt mehr Nährstoffe entfernt werden als wenn man die doppelte Anzahl an Bakterien im Becken hat und das Wasser(mit enthaltenden Nährstoffen) quasi immer den ganzen Bakterien ausgeliefert ist ?
Und wenn man mit Geringfilterung arbeitet und Sand als Bodengrund verwendet,müssen die meisten Bakterien ja auf den Pflanzen siedeln,wenn man nun aber einen sehr guten und schnellen Pflanzenwuchs hat,und seine Pflanzen jede Woche schneiden oder sogar neu stecken muß,greift man dann nicht immer extrem in das gleichgewicht des Beckens ein ?

Grüße Tutti
 
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