Hi Tutti,
kann ich dir gerne erklären...
Algen entstehen grundsätzlich dann, wenn ein Nährstoffungleichgewicht besteht. Das kann dann so interpretiert werden, dass man den einen Nährstoff, der im Überschuss vorliegt und damit die Algen fröhlich nährt drosselt (am Besten PO4 drosseln... da die Pflanzen unter PO4 Limitierung toll weiter wachsen) oder die anderen Nährstoffe zuführt, so dass kein weiterer Mangel bei den Pflanzen besteht und sie die überschüssigen Nährstoffe wieder nutzen können, bzw. wieder fröhlich loswachsen und eine Konkurrenz zu den Algen aufbauen.
Hier lag die Herangehensweise bei vielen Aquarianern in der Vergangenheit eher auf der Reduktion des einen Stoffes der im Überschuss vorlag (z.B. NO3 oder PO4). Durch die mit der Zeit immer stärker werdenden Lichtverhältnisse über unseren Süßwasserbecken zeigen sich leider Makronährstoffmängel sehr viel schneller und Algen breiten sich so auch viel zügiger aus.
Ich schrieb ja zudem "Unterversorgung bzw. unausgeglichnenen Makronährstoffsituation".
Bei Wasserpflanzen funktioniert eine Limitierung der Nährstoffe nicht besonders gut mit allen Nährstoffen (z.B. NO3 Limitierung kann schnell zu einem kompletten Wachstumsstillstand führen). PO4 dagegen bietet sich dafür sicherlich an, da Wasserpflanzen auf diese Limitierung weitestgehend eingestellt sind, da in natürlichen Gewässern oft auch geringe PO4 Werte herrschen.
Der Vorteil im Ausgleich der fehlenden Makronährstoffen im Aquarium liegt in der einfachen Herbeiführung und kann so sehr schnell wieder zu einem guten Pflanzenwuchs führen.
Hier müssen sicherlich keine hohen Werte angestrebt werden, jedoch muss von allem etwas für die Pflanzen vorhanden sein. Liest man die meisten Algenproblemthemen, die sich durch die Foren ziehen, ist es zu 90% mit einem Nährstoffungleichgewicht bzw. Mangel verbunden. Den Leuten jedoch zu einer z.B. Osmoseanlage zu raten oder zu einem Wassertestmarathon, nur weil z.B. NO3 mit 20 mg/l aus der Leitung kommt ist meiner Meinung nach nicht die einfachste und beste Methode. Hier ist es sehr viel einfacher die vielleicht fehlenden Stoffe wie z.B. Kalium zu ergänzen und ggf. vielleicht ein bischen PO4 hinzuzufügen. Auf andere Variablen wie Fütterung und dergleichen sollte sicherlich auch noch eingegangen werden aber pauschal brauchen Pflanzen für einen guten Wuchs alle essentiellen Nährstoffe. Die Menge ist da natürlich nicht ausschlaggebend, sondern die
permanente Verfügbarkeit. Dieses Prinzip ist ja nicht nur auf Wasserpflanzen anzuwenden, sondern auf jegliche Pflanzen, wobei Landpflanzen auch Probleme mit zuviel Nährstoffen bekommen können, da im terrestrischen Bereich auch sehr viel höhere Nährstoffmengen verabreicht werden und bei diesen Kontentrationen die Nährstoffverhältnisse sehr viel wichtiger sind, da es dann doch zu Blockierungen etc. führen kann. Im aquaristischen Bereich sind die Nährstoffkonzentrationen jedoch im Vergleich zu z.B. Hydroponischen Nährstofflösungen sehr gering und stellen somit nicht ein wirkliches Problem dar.
Schaut man sich auch Untersuchungen von z.B. Limnologen an kann man von diesen Nährstoffzusammenhängen ebenfalls viel auf das Aquarium übertragen. NO3 oder PO4 sind hier nicht die eigentlichen Algenauslöser in natürlichen Gewässern, sondern eher die fehlenden anderen Nährstoffe, die dann die überschüssigen Stoffe für die schwächelnden Pflanzen unbrauchbar in der Wassersäule belassen und natürlich auch zu Algen führen. Hier darf man von der Korrelation nicht auf die Kausalität schließen.
Um das Ganze noch etwas praxisnäher zu betrachten muss ich immer an meinen eigenen Algenleidensweg durch die Foren denken
. Da kamen nur antworten wie "No3 muss runter, PO4 sollte sowieso nur bei 0,1 bleiben, mach am besten jeden Tag 100% Wasserwechel oder deine Wasserwerte mit NO3=0 und PO4=0 sind doch super, usw."
Der Aufwand der hinter dieser Herangehensweise steht ist für die meisten Personen nicht realisierbar. Nicht alle wollen so tief in die Materie der Aquaristik eintauchen, sondern einfach ein schönes Becken genießen. Für diese Personen probiert man dann natürlich ein Pauschalrezept zu entwickeln, dass den meisten dann auch hilft. Ich selber habe damals über 2 Monate jeden Tag meine Wasserwerte gemessen, ewig große Wasserwechsel gemacht und probiert ganz vorsichtig mit den verteufelten Ingredienzien N+P meine Makronährstoffe von dem permanenten "Nicht nachweisbar" bei den Tests wegzulenken. Dies alles brachte leider erst Erfolg, als ich mich mal traute auf einen Hub 50ml Eudrakon P in mein Becken zu geben und etwas mehr NO3 sowie K hinzuführte.
Makronährstoffe sind prinzipiell nichts vor dem man Angst im Aquarium haben muss. So lange diese alle vorhanden sind sollte es zumindest nicht zu massiven Algenausbrüchen kommen, die Defizite von einzelnen Stoffen sind ein viel größeres Problem. Das vielleicht bei höheren Nährstoffkonzentrationen unter gewissen Umständen die Pflanzen nicht in ihrer vollen Schönheit wachsen ist wieder ein anderes Thema. Hier habe ich auch keine Antwort auf die unterschiedlichen Wuchsanomalien, die teilweise auftauchen können. Hier besteht dann vielleicht die Kür in der permanenten Verfügbarkeit der Nährstoffe und vielleicht einem geringen allgemeinen Nährstoffspiegel. Für den Anfänger sind solche Herangehensweisen aber so gut wie nicht zu erfüllen. Hier ist es erstmal wieder wichtig einen generellen Wuchs im Aquarium zu etablieren. Feintuning kann dann immer noch betrieben werden.
Mit einem guten großen Wasserwechseln einmal pro Woche, einer konstanten Makronährstoff- und Mikronährstoffdosierung sowie guten CO2 Gehalt sollten Algen, wie oben auf den Bildern zu sehen sind, nicht auftreten. Mehr wollte ich mit meiner kurzen Antwort nicht sagen.
Da ich natürlich nichts über die Wasserwerte etc. wusste habe ich auch keine direkten Ratschläge gegeben.
Ich denke etwas mehr Aufgeschlossenheit für neue Herangehensweisen dürfte einigen "alten Hasen" sicherlich gut tun. Das die bewährten Methoden weiterhin sehr gut funktionieren wird ja gar nicht angezweifelt, jedoch bringt leider nicht immer ein reiner Wasserwechsel alle benötigten Nährstoffe ins Becken. Auch durch die Fütterung kann man in einem gut beleuchteten Becken nicht mit Sicherheit für eine ausgeglichene Makronährstoffverfügbarkeit sorgen. Ein reiner Volldünger und Tagesdünger kann nicht unter allen Umständen für einen prächtigen Wuchs sorgen und nicht jeder hat ein Fotometer rumfliegen, um genau seine Wasserwerte zu bestimmen und dementsprechend die fehlenden Nährstoffe auszugleichen.
Viele Wege führen nach Rom und in der Aquaristik sowieso. Nur sollte dieser Weg am Besten nicht so steinig sein, damit man auch irgendwann mal ankommt. Die ewige Leier von NPK Reduktion in Aquarien bringt die meisten mit Algenproblemen nicht weiter und hat sicherlich schon viele unbeabsichtigt aus diesem tollen Hobby vergrault. Daher meine pauschale Herangehensweise mit "Unterversorgung".
Ich schaue mir gerne zur Analyse des Problems die Wasserwerte des Wasserversorgers an und probiere hier schon Nährstoffungleichgewichte auszumachen. Prinzipiell gehe ich dann von einem wöchentlichen Wasserwechsel von 50% aus und gebe diesbezüglich dann Ratschläge welche Stoffe man vorsichtig (sprich nicht in sehr hoher Konzentration) zuführen sollte, damit das Leitunsgwasser für die Pflanzen aufgewertet wird. CO2 Optimierung ist dann der zweite Schritt gefolgt von der Einbringung gesunder schnell wachsender Pflanzen. Die Fütterung der Fische sowie der Besatz sollten ebenso wie die Filterung nicht außer Acht gelassen werden.
Insgesamt gesehen ist dies auch die Herangehensweise beinahe aller Aquarianer. Nämlich für die Pflanzen optimale Bedingungen zu schaffen. Ich habe mit der Zeit wirklich verdammt viele Problemstellungen und Ratschläge in deutschen wie auch internationalen Foren/Newsgruppen/Mailinglisten gelesen und die meisten erfolgreichen Aquarianer verfahren so.
Ich hoffe ich konnte dir meine Sichtweise etwas näher bringen. Ich will mit dieser Art und Weise den Leuten helfen und dies gelingt in der Regel ziemlich häufig. Ich zweifel, wie schon oben erwähnt, dabei aber sicherlich nicht die Funktionalität der anderen Herangehensweisen an, sondern eröffne den Nutzern von Flowgrow nur eine weitere Sichtweise der Aquaristik, da es in den vielen vielen anderen Foren schon genug über limitierende Ansätze über z.B. PO4 zu lesen gibt. Jeder kann dann für sich entscheiden nach welcher Methode er sein Glück probieren möchte. Wenn dermaßen große Algenberge im Becken vorhanden sind, kann durch ein paar Makronährstoffe eigentlich die Situation nicht wirklich schlimmer werden
. NO3 ist für Fische, Garnelnen etc. bis in sehr hohe Konzentrationen nicht giftig, PO4 ebenfalls nicht und auch Kalium nicht. So gesehen kann man nichts verlieren und wird in der Regel eher Vorteile von dieser Herangehensweise haben.
Liebe Grüße
Tobi