... wie kriege ich meine Kiste zum Fliegen!
Hallo zusammen,
eine PN hat mir klar gemacht das es Sinn macht aufzuzeigen was ich praktisch so treibe, wovon ich so oft einigermaßen nebulös in jedem Fall unzusammenhängend schreibe. Interessanterweise ist es ein Problem das Thema sinnvoll unter zu bringen, also landete es konsequenterweise hier.
Als Ergänzung des Threads "Wasserpflanzenaquaristik mit allem Drum und Dran" nachfolgend ...
Einleitung:
Es gibt also eine Beschreibung in diesem ersten Post zur "Pflege der Mikroflora", die ich sukzessive auch aufgrund der erwünschten Diskussion zum Thema erweitern werde. Falls im Zuge einer Diskussion, die Theorie begründet zerpflückt wird, dann ist das völlig in Ordnung! Aus meiner Praxis heraus halte ich das für ausreichend belast- und reproduzierbar um das mit durchaus konkreten Beispielen darzustellen. Was ich an *möglicher* Theorie so präsentiere, ist grundsätzlich diskussionswürdig, findet aber schnell seine Grenzen, da die Mikroflora Bakterien, Pilze, Mikroben, ... umfasst, die sich der Bestimmung auch der Bewertung weitgehend entziehen. Irgendwann hatte ich mir mal die Beschreibungen zu Bakterien angesehen, deren "Wirkung", ihre Ansprüche. Darüber kam ich letztendlich nicht weiter, es blieben zu viele Fragen offen, sodass ich den gesamten Komplex Mikroflora als Black Box betrachte und mir nur die Dinge ansehe, die einen Einfluss auf die Mikroflora ausüben bzw. deren resultierende Wirkung. Noch eine kleine Begriffsbestimmung zu Mikroflora bzw. Biofilm. Biofilm meint die Lebensgemeinschaft auf irgendwelchen Oberflächen, d.h. Scheiben, Pflanzen, Filtersubstrat, in Bodensubstraten jenseits der Körnung von Sand, einfach alles. Bei der Mikroflora kommt alles weitere hinzu, z.B. flotierende bakterielle Blüten, Kahmhaut und was mir sonst gerade nicht einfällt.
Das ist eine ausgesprochen universelle Geschichte, die jedes Aquarium betrifft. Für mich selbst bin ich im Zuge der Entwicklung *meiner* Aquaristik über "immer viele Pflanzen", Licht, Sand, Düngung, (Gering-)Filterung auch in dieser zeitlichen Abfolge erst zuletzt auf die IMHO überragende Bedeutung der Mikroflora für den erfolgreichen Betrieb eines Aquariums gekommen. Es hatte seinerzeit triftige Gründe Kies sein zu lassen und es mal mit Sand zu versuchen. Nicht jeder Sand geht, aber ich hatte damals einfach den richtigen erwischt und das war nicht nur erfolgreich, auch ein Wendepunkt in meiner Aquaristik. Inzwischen haben die vorgedüngten Soils zu recht Verbreitung in der Pflanzenaquaristik gefunden. Wegen ihrer gröberen Struktur sind bei denen Prozesse möglich, wegen derer ich Kiese sein gelassen hatte. Über die Zeit sickern organische Stoffe in das Substrat und ermöglichen unerwünschte anaerobe Prozesse. Ich betone "möglich"! Das ist keine Kritik sondern nur mein Hinweis, dass es einen möglichen -die Unsicherheit erhöhenden - Unterschied zwischen gröberen Substraten und Sand gibt. Im Sand - meine Empfehlung beschränkt sich wegen der Reproduzierbarkeit auf gewaschenen Quarzsand im Bereich von 0.4-0,8mm - passiert bei entsprechender Bodenpflege auch über Jahre nur sehr, sehr wenig. Der Einfluss von solchem Sand auf die Mikroflora ist vernachlässigbar. Es bedarf also eigener Reflektion um die "Pflege der Mikroflora" auf das eigene Becken zu übertragen. Filtersubstrat kann ebenso positiven oder negativen Einfluss haben. Das sind ebenfalls keine zwingenden Geschichten, ich verrate sicher nichts neues, wenn ich eine "angemessene" Filterung für optimal halte. Dazu habe ich hier reichlich unter dem Stichwort "Geringfilterung" geschrieben. Speziell zu den vorgedüngten Soils hoffe ich auf die praktizierenden Forenuser. Abgesehen von der gröberen Struktur sehe ich k(aum )einen Einfluss durch die Vordüngung.
Warum Mikroflora pflegen bzw. was ist das Ziel:
Ein 100%er ist es nicht, kann es nicht sein, aber inzwischen setze ich meine Becken und die in meinem Umfeld recht sicher und mit guter Qualität auf. Jetzt werde ich provozieren und harre der hoffentlich kommenden Diskussion ob der "Qualität" eines Beckens. Ich verstehe darunter eine ausgesprochene Stabilität des Aquariums, die nicht an einer "Menge" Pflanzenmasse oder irgendwelchen "Dünge- oder sonstigen Kniffen" festzumachen ist, sondern bei allen wirklich gut laufenden Becken Gemeinsamkeiten aufweist - völlige Algenfreiheit, die auch nur sehr schwer durch irgendwelche, mitunter extreme Düngeexperimente(/-unfälle) zu erschüttern ist.
Wenn ich also lese, mein Becken verträgt keine Ammonium-, Urea-, Phosphat-, sonst-was-Düngung, Licht zuviel, Strömung macht Algen, ich muss hohes CO2 fahren, etc., dann ist das ein in diesem Sinne nicht stabiles Becken!
Ich begleite ja einige wenige Becken im Flowgrow in ihrer Entwicklung, da zielt alles darauf ab, die Mikroflora im Sinne des Aquarianers zum Laufen zu bringen. Das ist noch eine Bemerkung wert, selbstverständlich ist auch ein in der beschriebenen Weise schwächelndes Aquarium stabil, aber ich verwende stabil idR. synonym zu "stabil im Sinne des Aquarianers"
Das übliche Handwerkszeug der Pflanzenaquaristik halte ich schon für weit entwickelt, meine durchaus bewusste Fokussierung auf die Rolle der Mikroflora kann hoffentlich häufig beim Aufsetzen eines Aquariums helfen. Man muss sich trotzdem im Klaren sein, dass das Biotop Aquarium aus den Komponenten Konstruenten(Pflanzen), Konsumenten(Fische, Wirbellose, etc) und Destruenten(Mikroflora), ihrem Beziehungsgeflecht und einer gewissen, notwendigen technischen Unterstützung besteht.
Die "Pflege der Mikroflora"
Start:
- Ein wichtiger Punkt beim Aufsetzen eines neuen Aquariums ist der optimierte Start der Mikroflora. Eine "geeignete" Mikroflora kann man in gut laufenden Becken erwarten. Gute Voraussetzungen bietet Mulm aus einem solchen Aquarium. Die andere Möglichkeit ist den Biofilm über die Pflanzen einzubringen. Es empfehlen sich also submers gewachsene Pflanzen aus einem gut laufenden Aquarium. Entsprechend bringen emers vorgezogene Pflanzen aus dem Fachhandel oder in vitro Kulturen nichts mit und ich würde die deshalb erst später dazu setzen.
Filterung:
In der Praxis der Pflanzenaquaristik hat sich gezeigt, das eher weniger Substratfilterung in der Tendenz günstiger ist. Auch wenn ich von Geringfilterung schreibe, so handelt es sich um eine angemessene Filterung bei der versucht wird eine günstige Menge Filtersubstrat zu finden, nicht zu viel und nicht zu wenig. Abhängig von den Umständen gibt es also relativ üppige oder relativ knappe Filterung. Beide Fälle können Probleme generieren. Es ist also keine Betrachtung einer "Menge" Filtersubstrat im/am System sondern ihrer sinnvollen Wirkung. Meine Idee dazu war, die "Filterprozesse" soweit wie möglich aus dem Filter ins Aquarium zu verlegen. Im Filter drohen Nährstoffe nicht pflanzenverfügbar auszufallen. Wenn jemand sein Heil in maximaler Filterung sucht, kann er das tun, ich würde nicht mal ausschließen, dass das funktionieren kann, mir wäre es aber zum einen zu unübersichtlich und zum anderen halte ich es in der Übertreibung perspektivisch geradezu für kontraproduktiv.
Düngung:
relativ einfache Geschichte. Mit einer geeigneten Impfung (Mulm Pflanzen, Filtermaterial) konnte ich immer sofort auf ein mittleres Niveau aufdüngen. Wichtig ist die vollständige Düngung, Übertreibungen sind nicht notwendig. Beim Einfahren verwende ich nur Volldünger mit stärkerer Chelatierung und verzichte auf noch nicht zu ende mineralisierte Stoffe wie Urea, Ammonium oder schwach chelatierte Volldünger ... ich bin nicht wirklich sicher ob das hilft, dient aber der Übersichtlichkeit. Genauso wenig wie ich weiß ob meine praktizierte Betonung in Spurenelementen und Magnesium, die ich über die Zugabe von Preis Mineralsalz erreiche notwendig ist. Ich halte es für so hilfreich, dass das für mich fester Bestandteil beim Aufsetzen/Betrieb ist. Zu einem, gemäß Trinkwasseranalyse, Ausgleichen eines geringen Mg-Anteils im Verhältnis zum Ca, dem Ca:Mg-Verhältnis, per Bittersalz rate ich sowieso. Bei einem Ca:MG Verhältnis ungünstiger als 4:1 würde ich was tun. In meiner Praxis habe ich immer 3:1 bis 2:1. Bei mir resultiert das aus einem sowieso schon ausreichenden Mg-Gehalt im Leitungswasser und dem PMS, das ich trotzdem wegen der zusätzlichen SE zugebe. Es ist mir nicht sicher inwieweit die zusätzlichen SE wirklich Sinn machen, ein Problem war das nie!
Die Zugabe der Makronährstoffe erfolgt auch so einfach wie möglich, d.h. solange das Aquarium nicht stabil ist, gebe ich NPK nur als KNO3 und KH2PO4 zu
Licht:
auch sehr einfach. Ich starte ein Becken nur noch mit 6h vollem Licht. Es hat sich gezeigt, dass das allgemein das Einfahren begünstigt. Zusätzlich vermeidet es Kieselalgen. Licht ist übrigens ein guter Zeiger, wie weit ein Becken ist, je "besser" das Becken ist, desto mehr Licht verträgt es. Bei Problemen empfiehlt es sich die Lichtdauer (wieder) zu reduzieren.
organische Belastung:
es ist definitiv günstiger ein Aquarium mit geringer organischer Belastung (d.m. vor allem Futter) zu starten und einzufahren. Die organische Belastung habe ich im Thread zur Geringfilterung weiter ausgeführt.
Ein laufendes Becken mikrobiologisch verbessern:
Die Frage tauchte in diesem Thread auf und ist im Kontext der vorherigen Beschreibungen zu sehen. Tauchen Probleme auf oder gibt es ungelöste Probleme, dann ist das Becken wie neu aufgesetzt zu betrachten. Die wichtigsten Punkte sind die Reduzierung der Beleuchtungszeit auf 6 Std. und die einfache Düngung. Letzteres meint einen normal chelatierten Volldünger und Zugabe der Makronährstoffe über KNO3 und KH2PO4. Ansonsten das Setup überprüfen in wie weit sich die oben erwähnten begünstigende Faktoren einrichten lassen. Der Rest braucht Zeit.
spezielle Erscheinungen:
- Kahmhaut betrachte ich als Hinweis auf eine nicht stabile Mikroflora. Die Beeinflussung solcher Geschichten ist einigermaßen wichtig, denn die Bakterien der Kahmhaut nehmen eine notwendige Funktion in der Mineralisation wahr. Wir wollen die nicht haben und man kann deren Verschwinden unterstützen, in dem man sie immer wieder manuell, mechanisch, elektrisch, wie auch immer absammelt. Die Idee dahinter ist simpel. Durch die Entfernung der Kahmhaut(bakterien) bleiben deren Grundlagen (Nahrung) über, für die sich dann andere Bakterien finden. Haben diese sich etabliert, können die der Kahmhaut nicht mehr. Unerwünschte Bakterien durch erwünschte ersetzen. Das bezeichne ich als die Mikroflora in die gewünschte Richtung schubsen.
- für Cyanobakterien gilt genau das gleiche. Absammeln (verdunkeln, dann Wasser wechseln) und anderen Mikroorganismen die Gelegenheit geben deren Platz einzunehmen.
- Bakterienblüte, muss ich da jetzt noch was zum Prinzip erzählen? Man kann sie über konsequente große Wasserwechsel beseitigen oder auch über einen nur zeitweisen Einsatz eines kleinen UV-C Strahlers.
- Algen halte ich ebenfalls für einen Hinweis auf ein Problem mit der Mikroflora/dem Biofilm. Allerdings verschwimmen die Grenzen zur Bedeutung der Nährstoffversorgung und der Bepflanzung. Die immer wieder gezogene Abhängigkeit von hoher Pflanzenmasse zur Algenvermeidung kann ich nicht bestätigen. Das geht soweit, dass ich das grundsätzlich in Zweifel ziehe. Es mag förderliche Effekte geben, aber es ist nicht so grundsätzlich, dass das aufgrund hoher Pflanzenmasse zwingend funktionierte. Die positive Wirkung eingebrachter Pflanzen könnte auch das Resultat des über die Pflanzen eingebrachten Biofilms sein. Ähnliches gilt für die Nährstoffversorgung. Wenn man sich dieses Becken ansieht, welches gute 2 Monate ohne jeden äußeren Einfluss vernachlässigt vor sich hin blubberte, und extreme Nährstoffmängel bei entsprechenden Pflanzen mit Nahtodkenntnissen aufwies. Diesen aufgrund von schweren partiellen Närstoffmängeln schon halbtoten Pflanzen noch Algenkonkurrenz unterstellen zu wollen ist nicht mehr plausibel. Nichtsdestotrotz war dieses Becken für mich aufgrund seines offensichtlich immer noch "funktionierenden" Biofilms sehr interessant. Das Becken war immer noch optisch völlig algenfrei. Algenfreiheit ist etwas das immer mit einem/r funktionierenden Biofilm/Mikroflora korrelierte, mit Pflanzenmasse oder einer bestimmten Nährstoffsituation hatte das keine eindeutige Abhängigkeit.
- Erscheinungen im Bodengrund/an der Scheibe öfters mal tauchen unabhängig vom verwendeten Substraten Blaualgen und andere Erscheinungen an dieser lichtexponierten Stelle auf. Auch wenn die latent sind, sehe ich immer zu, dass die aus dem System vollständig verschwinden. Das wird ja diskutiert was man da zulassen kann, ob man die vollständig raus bekommt. Mir reicht es es, wenn die zuverlässig nie wieder auftauchen. ^^
An der Scheibe hat es eben Licht und selbst Sand ist ausreichend nährstoffdurchlässig um dort einem Biofilm ein bekömmliches Auskommen zu ermöglichen. Und Film ist schon das richtige Wort, denn wenn der abgestorben ist, dann lässt der sich in Stücken herausheben.
Ansonsten sind die Erscheinungen im Grund an der Scheibe sehr vielfältig, schon Abbild der mikrobiologischen Situation im Becken. Ein aktiver Film mit CB und Algen in allen möglichen Farben, ist/wird er schwarz, dann ist er tot. CB sind halt häufig, bei mir lasse ich das nicht zu und dann ist der Sand nur mehr oder weniger verfärbt. Wenn es mikrobiologisch super läuft, dann sieht man nicht mehr als durch Nährstofffällungen bedingte leichte bis mittlere Verfärbungen und den oxidativen Einfluss von Pflanzenwurzeln. Um die Wurzeln wird's heller.
to be continued ...
abschließende Bemerkungen:
Mir ist schon klar das häufiger mal ein Becken aufgesetzt oder Mikroflora nicht so "gepflegt" wird, wie ich das machen würde. Damit will ich mich nicht rausreden, man kann aber auch nicht erwarten, das nun nur mit "geeigneter" Mikroflora/Biofilm narrensicher aufgesetzt werden kann! Das ist auch noch ganz sicher im Fluss, d.h. es können sich noch Dinge ergeben, möglicherweise kann man auch weglassen, was ich jetzt noch für sinnvoll halte. Ich habe einfach die Hoffnung verschiedene Erfahrungen hier zusammenbringen zu können, was der Entwicklung des Themas sicher förderlich sein wird. Grundsätzlich bin ich mir schon sehr sicher ob dieser Geschichte, sonst würde ich das nicht bringen. Mal schauen, wie sich das entwickelt.
Es ergibt vor allem Becken mit einer Stabilität, bei denen es sich dann relativ einfach auf die Gestaltung konzentrieren lässt.
Mit patschnassem Gruß,
Nik
Hallo zusammen,
eine PN hat mir klar gemacht das es Sinn macht aufzuzeigen was ich praktisch so treibe, wovon ich so oft einigermaßen nebulös in jedem Fall unzusammenhängend schreibe. Interessanterweise ist es ein Problem das Thema sinnvoll unter zu bringen, also landete es konsequenterweise hier.
Als Ergänzung des Threads "Wasserpflanzenaquaristik mit allem Drum und Dran" nachfolgend ...
Wasserpflanzenaquaristik mit allem Drum und Dran
Geringfilterung – der Thread ...
Die Düngung zur Geringfilterung
Die „Pflege“ der Mikroflora oder ... und ## Beobachtungen und Diskussion zur Mikroflora ###
Geringfilterung – der Thread ...
Die Düngung zur Geringfilterung
Die „Pflege“ der Mikroflora oder ... und ## Beobachtungen und Diskussion zur Mikroflora ###
Einleitung:
Es gibt also eine Beschreibung in diesem ersten Post zur "Pflege der Mikroflora", die ich sukzessive auch aufgrund der erwünschten Diskussion zum Thema erweitern werde. Falls im Zuge einer Diskussion, die Theorie begründet zerpflückt wird, dann ist das völlig in Ordnung! Aus meiner Praxis heraus halte ich das für ausreichend belast- und reproduzierbar um das mit durchaus konkreten Beispielen darzustellen. Was ich an *möglicher* Theorie so präsentiere, ist grundsätzlich diskussionswürdig, findet aber schnell seine Grenzen, da die Mikroflora Bakterien, Pilze, Mikroben, ... umfasst, die sich der Bestimmung auch der Bewertung weitgehend entziehen. Irgendwann hatte ich mir mal die Beschreibungen zu Bakterien angesehen, deren "Wirkung", ihre Ansprüche. Darüber kam ich letztendlich nicht weiter, es blieben zu viele Fragen offen, sodass ich den gesamten Komplex Mikroflora als Black Box betrachte und mir nur die Dinge ansehe, die einen Einfluss auf die Mikroflora ausüben bzw. deren resultierende Wirkung. Noch eine kleine Begriffsbestimmung zu Mikroflora bzw. Biofilm. Biofilm meint die Lebensgemeinschaft auf irgendwelchen Oberflächen, d.h. Scheiben, Pflanzen, Filtersubstrat, in Bodensubstraten jenseits der Körnung von Sand, einfach alles. Bei der Mikroflora kommt alles weitere hinzu, z.B. flotierende bakterielle Blüten, Kahmhaut und was mir sonst gerade nicht einfällt.
Das ist eine ausgesprochen universelle Geschichte, die jedes Aquarium betrifft. Für mich selbst bin ich im Zuge der Entwicklung *meiner* Aquaristik über "immer viele Pflanzen", Licht, Sand, Düngung, (Gering-)Filterung auch in dieser zeitlichen Abfolge erst zuletzt auf die IMHO überragende Bedeutung der Mikroflora für den erfolgreichen Betrieb eines Aquariums gekommen. Es hatte seinerzeit triftige Gründe Kies sein zu lassen und es mal mit Sand zu versuchen. Nicht jeder Sand geht, aber ich hatte damals einfach den richtigen erwischt und das war nicht nur erfolgreich, auch ein Wendepunkt in meiner Aquaristik. Inzwischen haben die vorgedüngten Soils zu recht Verbreitung in der Pflanzenaquaristik gefunden. Wegen ihrer gröberen Struktur sind bei denen Prozesse möglich, wegen derer ich Kiese sein gelassen hatte. Über die Zeit sickern organische Stoffe in das Substrat und ermöglichen unerwünschte anaerobe Prozesse. Ich betone "möglich"! Das ist keine Kritik sondern nur mein Hinweis, dass es einen möglichen -die Unsicherheit erhöhenden - Unterschied zwischen gröberen Substraten und Sand gibt. Im Sand - meine Empfehlung beschränkt sich wegen der Reproduzierbarkeit auf gewaschenen Quarzsand im Bereich von 0.4-0,8mm - passiert bei entsprechender Bodenpflege auch über Jahre nur sehr, sehr wenig. Der Einfluss von solchem Sand auf die Mikroflora ist vernachlässigbar. Es bedarf also eigener Reflektion um die "Pflege der Mikroflora" auf das eigene Becken zu übertragen. Filtersubstrat kann ebenso positiven oder negativen Einfluss haben. Das sind ebenfalls keine zwingenden Geschichten, ich verrate sicher nichts neues, wenn ich eine "angemessene" Filterung für optimal halte. Dazu habe ich hier reichlich unter dem Stichwort "Geringfilterung" geschrieben. Speziell zu den vorgedüngten Soils hoffe ich auf die praktizierenden Forenuser. Abgesehen von der gröberen Struktur sehe ich k(aum )einen Einfluss durch die Vordüngung.
Warum Mikroflora pflegen bzw. was ist das Ziel:
Ein 100%er ist es nicht, kann es nicht sein, aber inzwischen setze ich meine Becken und die in meinem Umfeld recht sicher und mit guter Qualität auf. Jetzt werde ich provozieren und harre der hoffentlich kommenden Diskussion ob der "Qualität" eines Beckens. Ich verstehe darunter eine ausgesprochene Stabilität des Aquariums, die nicht an einer "Menge" Pflanzenmasse oder irgendwelchen "Dünge- oder sonstigen Kniffen" festzumachen ist, sondern bei allen wirklich gut laufenden Becken Gemeinsamkeiten aufweist - völlige Algenfreiheit, die auch nur sehr schwer durch irgendwelche, mitunter extreme Düngeexperimente(/-unfälle) zu erschüttern ist.
Wenn ich also lese, mein Becken verträgt keine Ammonium-, Urea-, Phosphat-, sonst-was-Düngung, Licht zuviel, Strömung macht Algen, ich muss hohes CO2 fahren, etc., dann ist das ein in diesem Sinne nicht stabiles Becken!
Ich begleite ja einige wenige Becken im Flowgrow in ihrer Entwicklung, da zielt alles darauf ab, die Mikroflora im Sinne des Aquarianers zum Laufen zu bringen. Das ist noch eine Bemerkung wert, selbstverständlich ist auch ein in der beschriebenen Weise schwächelndes Aquarium stabil, aber ich verwende stabil idR. synonym zu "stabil im Sinne des Aquarianers"
Das übliche Handwerkszeug der Pflanzenaquaristik halte ich schon für weit entwickelt, meine durchaus bewusste Fokussierung auf die Rolle der Mikroflora kann hoffentlich häufig beim Aufsetzen eines Aquariums helfen. Man muss sich trotzdem im Klaren sein, dass das Biotop Aquarium aus den Komponenten Konstruenten(Pflanzen), Konsumenten(Fische, Wirbellose, etc) und Destruenten(Mikroflora), ihrem Beziehungsgeflecht und einer gewissen, notwendigen technischen Unterstützung besteht.
Die "Pflege der Mikroflora"
Start:
- Ein wichtiger Punkt beim Aufsetzen eines neuen Aquariums ist der optimierte Start der Mikroflora. Eine "geeignete" Mikroflora kann man in gut laufenden Becken erwarten. Gute Voraussetzungen bietet Mulm aus einem solchen Aquarium. Die andere Möglichkeit ist den Biofilm über die Pflanzen einzubringen. Es empfehlen sich also submers gewachsene Pflanzen aus einem gut laufenden Aquarium. Entsprechend bringen emers vorgezogene Pflanzen aus dem Fachhandel oder in vitro Kulturen nichts mit und ich würde die deshalb erst später dazu setzen.
Filterung:
In der Praxis der Pflanzenaquaristik hat sich gezeigt, das eher weniger Substratfilterung in der Tendenz günstiger ist. Auch wenn ich von Geringfilterung schreibe, so handelt es sich um eine angemessene Filterung bei der versucht wird eine günstige Menge Filtersubstrat zu finden, nicht zu viel und nicht zu wenig. Abhängig von den Umständen gibt es also relativ üppige oder relativ knappe Filterung. Beide Fälle können Probleme generieren. Es ist also keine Betrachtung einer "Menge" Filtersubstrat im/am System sondern ihrer sinnvollen Wirkung. Meine Idee dazu war, die "Filterprozesse" soweit wie möglich aus dem Filter ins Aquarium zu verlegen. Im Filter drohen Nährstoffe nicht pflanzenverfügbar auszufallen. Wenn jemand sein Heil in maximaler Filterung sucht, kann er das tun, ich würde nicht mal ausschließen, dass das funktionieren kann, mir wäre es aber zum einen zu unübersichtlich und zum anderen halte ich es in der Übertreibung perspektivisch geradezu für kontraproduktiv.
Düngung:
relativ einfache Geschichte. Mit einer geeigneten Impfung (Mulm Pflanzen, Filtermaterial) konnte ich immer sofort auf ein mittleres Niveau aufdüngen. Wichtig ist die vollständige Düngung, Übertreibungen sind nicht notwendig. Beim Einfahren verwende ich nur Volldünger mit stärkerer Chelatierung und verzichte auf noch nicht zu ende mineralisierte Stoffe wie Urea, Ammonium oder schwach chelatierte Volldünger ... ich bin nicht wirklich sicher ob das hilft, dient aber der Übersichtlichkeit. Genauso wenig wie ich weiß ob meine praktizierte Betonung in Spurenelementen und Magnesium, die ich über die Zugabe von Preis Mineralsalz erreiche notwendig ist. Ich halte es für so hilfreich, dass das für mich fester Bestandteil beim Aufsetzen/Betrieb ist. Zu einem, gemäß Trinkwasseranalyse, Ausgleichen eines geringen Mg-Anteils im Verhältnis zum Ca, dem Ca:Mg-Verhältnis, per Bittersalz rate ich sowieso. Bei einem Ca:MG Verhältnis ungünstiger als 4:1 würde ich was tun. In meiner Praxis habe ich immer 3:1 bis 2:1. Bei mir resultiert das aus einem sowieso schon ausreichenden Mg-Gehalt im Leitungswasser und dem PMS, das ich trotzdem wegen der zusätzlichen SE zugebe. Es ist mir nicht sicher inwieweit die zusätzlichen SE wirklich Sinn machen, ein Problem war das nie!
Die Zugabe der Makronährstoffe erfolgt auch so einfach wie möglich, d.h. solange das Aquarium nicht stabil ist, gebe ich NPK nur als KNO3 und KH2PO4 zu
Licht:
auch sehr einfach. Ich starte ein Becken nur noch mit 6h vollem Licht. Es hat sich gezeigt, dass das allgemein das Einfahren begünstigt. Zusätzlich vermeidet es Kieselalgen. Licht ist übrigens ein guter Zeiger, wie weit ein Becken ist, je "besser" das Becken ist, desto mehr Licht verträgt es. Bei Problemen empfiehlt es sich die Lichtdauer (wieder) zu reduzieren.
organische Belastung:
es ist definitiv günstiger ein Aquarium mit geringer organischer Belastung (d.m. vor allem Futter) zu starten und einzufahren. Die organische Belastung habe ich im Thread zur Geringfilterung weiter ausgeführt.
Ein laufendes Becken mikrobiologisch verbessern:
Die Frage tauchte in diesem Thread auf und ist im Kontext der vorherigen Beschreibungen zu sehen. Tauchen Probleme auf oder gibt es ungelöste Probleme, dann ist das Becken wie neu aufgesetzt zu betrachten. Die wichtigsten Punkte sind die Reduzierung der Beleuchtungszeit auf 6 Std. und die einfache Düngung. Letzteres meint einen normal chelatierten Volldünger und Zugabe der Makronährstoffe über KNO3 und KH2PO4. Ansonsten das Setup überprüfen in wie weit sich die oben erwähnten begünstigende Faktoren einrichten lassen. Der Rest braucht Zeit.
spezielle Erscheinungen:
- Kahmhaut betrachte ich als Hinweis auf eine nicht stabile Mikroflora. Die Beeinflussung solcher Geschichten ist einigermaßen wichtig, denn die Bakterien der Kahmhaut nehmen eine notwendige Funktion in der Mineralisation wahr. Wir wollen die nicht haben und man kann deren Verschwinden unterstützen, in dem man sie immer wieder manuell, mechanisch, elektrisch, wie auch immer absammelt. Die Idee dahinter ist simpel. Durch die Entfernung der Kahmhaut(bakterien) bleiben deren Grundlagen (Nahrung) über, für die sich dann andere Bakterien finden. Haben diese sich etabliert, können die der Kahmhaut nicht mehr. Unerwünschte Bakterien durch erwünschte ersetzen. Das bezeichne ich als die Mikroflora in die gewünschte Richtung schubsen.
- für Cyanobakterien gilt genau das gleiche. Absammeln (verdunkeln, dann Wasser wechseln) und anderen Mikroorganismen die Gelegenheit geben deren Platz einzunehmen.
- Bakterienblüte, muss ich da jetzt noch was zum Prinzip erzählen? Man kann sie über konsequente große Wasserwechsel beseitigen oder auch über einen nur zeitweisen Einsatz eines kleinen UV-C Strahlers.
- Algen halte ich ebenfalls für einen Hinweis auf ein Problem mit der Mikroflora/dem Biofilm. Allerdings verschwimmen die Grenzen zur Bedeutung der Nährstoffversorgung und der Bepflanzung. Die immer wieder gezogene Abhängigkeit von hoher Pflanzenmasse zur Algenvermeidung kann ich nicht bestätigen. Das geht soweit, dass ich das grundsätzlich in Zweifel ziehe. Es mag förderliche Effekte geben, aber es ist nicht so grundsätzlich, dass das aufgrund hoher Pflanzenmasse zwingend funktionierte. Die positive Wirkung eingebrachter Pflanzen könnte auch das Resultat des über die Pflanzen eingebrachten Biofilms sein. Ähnliches gilt für die Nährstoffversorgung. Wenn man sich dieses Becken ansieht, welches gute 2 Monate ohne jeden äußeren Einfluss vernachlässigt vor sich hin blubberte, und extreme Nährstoffmängel bei entsprechenden Pflanzen mit Nahtodkenntnissen aufwies. Diesen aufgrund von schweren partiellen Närstoffmängeln schon halbtoten Pflanzen noch Algenkonkurrenz unterstellen zu wollen ist nicht mehr plausibel. Nichtsdestotrotz war dieses Becken für mich aufgrund seines offensichtlich immer noch "funktionierenden" Biofilms sehr interessant. Das Becken war immer noch optisch völlig algenfrei. Algenfreiheit ist etwas das immer mit einem/r funktionierenden Biofilm/Mikroflora korrelierte, mit Pflanzenmasse oder einer bestimmten Nährstoffsituation hatte das keine eindeutige Abhängigkeit.
- Erscheinungen im Bodengrund/an der Scheibe öfters mal tauchen unabhängig vom verwendeten Substraten Blaualgen und andere Erscheinungen an dieser lichtexponierten Stelle auf. Auch wenn die latent sind, sehe ich immer zu, dass die aus dem System vollständig verschwinden. Das wird ja diskutiert was man da zulassen kann, ob man die vollständig raus bekommt. Mir reicht es es, wenn die zuverlässig nie wieder auftauchen. ^^
An der Scheibe hat es eben Licht und selbst Sand ist ausreichend nährstoffdurchlässig um dort einem Biofilm ein bekömmliches Auskommen zu ermöglichen. Und Film ist schon das richtige Wort, denn wenn der abgestorben ist, dann lässt der sich in Stücken herausheben.
Ansonsten sind die Erscheinungen im Grund an der Scheibe sehr vielfältig, schon Abbild der mikrobiologischen Situation im Becken. Ein aktiver Film mit CB und Algen in allen möglichen Farben, ist/wird er schwarz, dann ist er tot. CB sind halt häufig, bei mir lasse ich das nicht zu und dann ist der Sand nur mehr oder weniger verfärbt. Wenn es mikrobiologisch super läuft, dann sieht man nicht mehr als durch Nährstofffällungen bedingte leichte bis mittlere Verfärbungen und den oxidativen Einfluss von Pflanzenwurzeln. Um die Wurzeln wird's heller.
to be continued ...
abschließende Bemerkungen:
Mir ist schon klar das häufiger mal ein Becken aufgesetzt oder Mikroflora nicht so "gepflegt" wird, wie ich das machen würde. Damit will ich mich nicht rausreden, man kann aber auch nicht erwarten, das nun nur mit "geeigneter" Mikroflora/Biofilm narrensicher aufgesetzt werden kann! Das ist auch noch ganz sicher im Fluss, d.h. es können sich noch Dinge ergeben, möglicherweise kann man auch weglassen, was ich jetzt noch für sinnvoll halte. Ich habe einfach die Hoffnung verschiedene Erfahrungen hier zusammenbringen zu können, was der Entwicklung des Themas sicher förderlich sein wird. Grundsätzlich bin ich mir schon sehr sicher ob dieser Geschichte, sonst würde ich das nicht bringen. Mal schauen, wie sich das entwickelt.
Es ergibt vor allem Becken mit einer Stabilität, bei denen es sich dann relativ einfach auf die Gestaltung konzentrieren lässt.
Mit patschnassem Gruß,
Nik
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