Hallo Matze!
Ich habe den thread schon länger im Blick und ringe mich nun erst jetzt dazu, etwas zu schreiben.
Ich halte mich aus Nährstoffgeschichten nämlich meistens heraus, da es mir immer wie Ferndoktordiagnosen anmutet, die ich pers. für sehr bedenklich halte.
Zunächst ein Dankeschön an Dich, Matze für die durchaus aussagekräftigen Fotos.
Damit lässt sich "arbeiten" !
Problem:
keiner wird dir helfen können.
Warum?
Das hat mehrere Gründe:
1) Sind Mangelerkrankungen bei unserer Form der Kultur schwer einem einzelnen Mangelstoff zuzuordnen.
2) Sind die Messmethoden, bzw. richtiger: die Ergebnnisse, mit denen wir hantieren, vollkommen unzureichend.
3) resultiert aus 2) die richtige Diagnose
Ich versuche es zu erklären, ohne Anspruch auf eine Vollständigkeit zu erheben, die den hiesigen Rahmen sprengen würde.
Die häufigsten Mangelerkrankungen in der Pflanzenaquaristik sind dem Formenkreis der Chlorosen zuzuordnen.
Dabei ist es z.T. sehr schwer, diese
1) eindeutig zu diagnostizieren und vor allem:
2) sicher voneinander abzugrenzen. Das gelingt selbst Fachleuten des Landbaus nur mit großen Schwierigkeiten, was diese auch selbst in der Fachlit. schreiben.
Man benötigt viel Erfahrung in diesen Dingen und das Hintergrundwissen, welcher Mangelstoff welches Schadbild hervorruft, bzw. hervorrufen kann.
(Überdies halte ich den Transfer emerser Schadbilder aus dem Landbau auf das Medium Wasser für schwierig.)
Wie oft habe ich mich da schon vertan - letzten Endes habe ich es, trotz Lit., aufgegeben !!
Richtig schwierig wird es, wenn sich nicht ein "Stoff" als Bösewicht einkreisen lässt, sondern Interaktionen der zahlreichen Stoffe untereinander zu Mängel führen, da sie sich gegenseitig in der Aufnahme durch die Pflanze behindern/hemmen etc.pp.
Und da sind auch schon beim 2.Punkt.
Unsere Messmethoden sind unzureichend!
Sind Fe, PO4 und besonders: K noch gut messbar und im Ergebnis meistens hinreichend glaubbar, ist die Erhebung des wichtigsten Stoffes- des NO3- katastrophal.
Dabei sind gerade N/P/K und das Verhältnis von Ca: Mg als Makrostoffe die Dreh - und Angelpunkte eines dauerhaft vitalen und produktiven Pflanzenbestandes. Und nur darum geht's: *dauerhaft* produktives Wachstum, möglichst bar jeglicher Mängel.
Richtlinien a' la "NO3: 5-10mg/" sind nur solange "gültig" / wirksam, wie sie auch vernünftig nachgewiesen werden können (wobei ich pers. diese Angaben für die Untergrenze halte- außerdem müssen sie dann über die gesamte Woche vorhanden sein, sonst hören deine Pflanzen nämlich irgendwann auf zu wachsen und dann kommen die Algen, die sich über derartige N- Werte freuen).
Leute, die bei diesen niedrigen N-Werten über glaubhaft guten und: dauerhaften Wuchs ihrer Pflanzen berichten, messen sehr wahrscheinlich nicht die richtigen Werte.
Folge - nichts kann man deren Aussagen entnehmen, da die Reproduzierbarkeit fehlt.
Ich halte daher das unkritische Übernehmen derartiger Ratschläge für fahrlässig (die Ratschläge auch).
Ergebnisse der Testreagenzien sind daher immer kritisch zu hinterfragen und mit einer definierten Vergleichslösung gegenzumessen.
Sonst gaukeln einem die Farbtäfelchen irgendeinen Wert vor, der mit der Realität nichts zutun hat. Zeigt ein schlecht kalibrierter Wassertst 20mg/l NO3 an, darf man dies nie ohne Vergleich glauben - erst recht, wenn die Pflanzen nicht wachsen wollen, gelb werden und sonstwas, auch wenn Fe, PO4 und K nachweisbar sind.
Zugegeben:
dies mag aufwändig erscheinen und der Verbrauch der Reagenzien steigt um das Doppelte. (Das macht aber nichts, denn das Lebensalter (Qualität) eines Wassertests fängt an zu ticken, sobald die Charge geöffnet wurde. D.h. die werden immer übler in der Qualität über die Zeit).
Dafür misst man halbwegs vernünftig und bekommt zumindest Richtwerte, die zwar nur halbquantitativ, aber zumindest: reproduzierbar sind. Damit kann man dann arbeiten- vor allem auch in Forenbeiträgen ! Alles andere halte ich pers. für Murks.
Messwert-Forenbeiträge ohne Fotometer/Vergleichslöungsgegenmessung beachte ich daher nicht mehr (was mal ganz anders war!) - da ich grundsätzlich größte Fehler vermute, die zu keiner sachlichen Diskussiongrundlage führen können.
Was jetzt in deinem Falle tun?
1)
ich habe für dein Problem keine Lösung, auch wenn ich schwer am "tippen" bin (denn dafür sind deine Fotos einfach zu gut, bzw. richtungsweisend !). Aber ich bin - wie o.gesagt- kein Fernheiler-Doktor, sondern auch nur:
ein Aquarianer- von daher halte ich mich hier mit "Ratschlägen" bzgl. Düngung ganz schwer zurück.
2)
Den Mangel -und damit die Schadbilder- bekommst du nur in den Griff, in dem du einen der Parameter N/P/K/Mg sorgfältig nacheinander testest:
Aufschreiben,
welcher Stoff wann und in welcher Höhe appliziert wurde (-> Nährstoffrechner; wobei ich nur hoffen kann, dass das Programm, was dahinter steckt, auch anständig programmiert wurde) und die Pflanzen in diesem Zeitraum *genau* beobachten.
Den evtl. Verbrauch des entspr. Salzes messtechnisch begleiten und diesen notieren.
(Tip: Chlorosen können binnen Std.-Frist verschwinden, wenn der Mangelstoff wieder ausreichend vorhanden ist, so z.B. bei Fe, Mg, K).
Die übrigen Rahmenbedingungen (Licht, CO2, übrige Wasserwerte) bei dir scheinen mir übrigens ausreichend, da würde ich nicht anfangen, herumzudoktern. Deshalb auch Vorsicht mit "Weichwasser".
"Weichwasser" bedeutet in der Pflanzenkultur KH armes Wasser- nicht GH armes!
Niedrige GH kann Ärger bereiten, wenn dass Ca:Mg-Verhältnis nicht stimmt. "Kann" - wohlgemerkt-.
Dran denken: es gibt auch Ca-Mängelsymptome !
Den Belzebub mittels Dünger- "Sammellösungen" (N/P/K) auszutreiben, halte ich für fragwürdig.
Die Ursache bekommst du nur mit den einzelnen Salzen heraus, die es zu besorgen gilt, sofern dieses procedere überhaupt gewünscht ist - ' ist nämlich aufwändig ! (?).
Sicher,
mit den Sammellösungen (N/P/K-Düngern) kannst du den Schaden evtl. schnell beheben, aber du wirst nicht die genaue Schadensversursacher-Substanz herausfinden. Und irgendwann kommt das Problem wieder. Unnötige Steigerungen der anderen Substanzen im Wasser durch die Düngung kommen hinzu und vernebeln die analytische Durchsicht, die wir ja anstreben (und ich gehe mal davon aus, oder ?) - auch wenn sie keinen Schaden anrichten müssen!
Zum JBL-NO3-Test:
den habe ich für Süßwasser (Charge vom März dieses Jahres) erworben,
und er ist eine absolute Katastrophe.
Zumindest diese Charge- und da gibt es ansch. große Unterschiede, die dann auf dem Rücken der Pflanzen(aquarianer) ausgetragen werden-.
Die real ermittelten Farbdichten aus der Reaktion korrelieren in überhaupt keinster Weise mit den Farbgebungen und mg/l-Angabe des Faltkärtchens.
Wie sauschlecht der kalibriert ist, findet man heraus, wenn man den (Test) gg. eine 20mg/l (K)NO3-Lösung "laufen" lässt.
Nur wenn man eine Vergleichslösung mit definierter NO3-Menge ansetzt, bekommt man die -halbwegs richtige- Farbdichte der realen Verhältnisse heraus.
Alles andere ist purer Selbstbetrug und kann den Spaß an der Pflanzenkultur deutlich mindern, weil nämlich Düngung nicht klappen wird.
Und 20mg/l NO3 aus der o.g. Vergl.-Lsg. ezeugt bei meiner JBL-Testcharge einen Farbton, der lt. Farbtafel 80mg/l beträgt !
Gut,
mit dieser Erkenntnis lässt sich der Test dann tatsächlich verwenden - anders herum ist er m.E. nach für die Tonne oder man provoziert NO3-Mangel in seinem AQ.
Wer das möchte...
Bitte !
Aus diesem Grunde lasse ich selbst den Anton Gabriel-NO3-Test, der einen "guten Ruf" genießt, immer "doppelt" laufen- denn auch bei diesem empfinde ich die Farbtafel als mittlere Katastrophe.
Besonders der sensible 10 und 20mg/l-Bereich. Um "Plan" zu bekommen, muss man sich diese Farbdichten live herstellen- sonst geht's dauerhaft: schief.
Dabei halte ich Schwankungen von 10mg/ NO3-Differenz schon entscheidend über Gedeih und Verderb eines Pflanzenbestandes.
Soll heißen:
es macht m.E. nach durchaus einen Unterschied, ob dauerhaft 10 oder 20mg/l NO3 vorhanden sind (bei 10 läuft die Kiste auf der Kannte, bei 20 sind mehr als genug N-"Reserven" da)
Ich setze hier übrigens Viellicht-Kultur mit > 0,6W/l und entsp. CO2.Versorgung bei stärkster Bepflanzung voraus (non-scaping). Die Pflanzen dürfen keinerlei Mängel zeigen und müssen sich über die Woche hochproduktiv (Abtropfgewicht/g bei wö. Ernte) verhalten. Ich setze bei meinen postings übrigens grundsätzlich Stängelpflanzenkultur voraus. Also nichts da mit Echinodoren- , Aponogeton, - oder Crypto'-Geschnetz!
Ich hoffe, du bekommst die Mängel/den Mangel schnell in den Griff und wünsche dir viel Erfolg dabei!
Gruß,
Andreas